Für Mannheim im Landtag

Dr. Stefan Fulst-Blei

Immer mehr Menschen mit Migrationshintergrund in der Pflege – Bedeutung von kultursensibler Pflege wächst

Veröffentlicht am 27.11.2014 in Allgemein
 

Sozialministerin Katrin Altpeter und Integrationsministerin
Bilkay Öney: „Jeder Mensch hat das Recht darauf, unter Wahrung seiner kulturellen Gepflogenheiten und religiösen Werte in Würde zu altern“

Infotag zur kultursensiblen Altenpflege in Mannheim.



 

Sozialministerin Katrin Altpeter und Integrationsministerin Bilkay Öney haben am Donnerstag (27. November) auf einer Veranstaltung in Mannheim mit 1.000 Fachleuten, Betroffenen und Angehörigen diskutiert, wie die Pflegelandschaft in Baden-Württemberg auf die steigende Zahl älterer Menschen mit Migrationshintergrund im Pflegesystem vorbereitet werden kann. Eine von Ministerin Altpeter in Auftrag gegebene Studie zeigt, dass die Versorgungsstrukturen noch nicht ausreichend auf die besonderen Bedürfnisse von pflegedürftigen Menschen mit Migrationshintergrund ausgerichtet sind und dass viele Betroffene und ihre Angehörigen sich im deutschen Pflegesystem nur schwer zurechtfinden. „Gerade im Alter spielen kulturelle Gepflogenheiten und religiöse Werte für viele Menschen eine große Rolle. Deshalb ist es wichtig, mit allen Beteiligten darauf hinzuwirken, dass sich unser Pflegesystem auf den zunehmenden Bedarf an kultursensibler Pflege einstellt“, so die beiden Ministerinnen. Das riesige Interesse an der Veranstaltung mache deutlich, wie groß der Informationsbedarf auf Seiten der Anbieter und auf Seiten der Betroffenen sei.



Kultursensible Pflege – Herausforderung für Heime und ambulante Dienste

In den nächsten Jahren wird die Zahl älterer Menschen mit Migrationshintergrund, die auf professionelle Pflege und Unterstützung angewiesen sind, in Baden-Württemberg steigen. Gründe dafür sind der demografische Wandel sowie veränderte Familienstrukturen und die zunehmende Erwerbstätigkeit von Frauen, die Ältere bislang häufig zuhause gepflegt haben. Sozialministerin Altpeter sieht die Pflegeheime und ambulanten Dienste im Land gefordert, Konzepte zu entwickeln und umzusetzen, um ihre medizinischen und pflegerischen Angebote auf den spezifischen Bedarf dieser älteren pflegebedürftigen Migrantinnen und Migranten auszurichten. Die Überzeugung, dass jeder Mensch die Pflege und Unterstützung erhalten soll, die seinen persönlichen Bedürfnissen entspricht, sei auch fester Bestandteile des neuen Heimrechts für Baden-Württemberg. In ihm werde die Achtung und die Anerkennung  kulturbedingter Eigenheiten, religiöser und weltanschaulicher Werte sowie deren Integration in den Lebensalltag festgeschrieben.



Altpeter: „Pflegeheime und ambulante Dienste müssen ihr Pflegepersonal für das Thema sensibilisieren und Hilfestellungen für kultursensible Pflege im Alltag geben.“ Möglich sei dies zum Beispiel durch entsprechende Fort- und Weiterbildungen. Zudem sprach sich die Ministerin dafür aus, kultursensible Pflege bereits in die theoretische und praktische Ausbildung von Pflegekräften zu integrieren.



Mehr Menschen mit Migrationshintergrund für Pflegeberufe gewinnen

Ministerin Öney betonte, dass Migrantinnen und Migranten zunehmend in das Rentenalter kommen und auch pflegebedürftig werden. Zudem würden auch bei ihnen die familiären Netzwerke kleiner. Die Ministerin warb deshalb bei den Pflegeanbietern darum, künftig vermehrt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Migrationshintergrund bzw. mit besonderen Sprach- und Kulturkompetenzen einzusetzen. Öney: „Diese Beschäftigten können mithelfen, Unsicherheiten und Hemmnisse abzubauen. Kulturelle und religiöse Prägungen sind bei Pflegebedürftigen ganz unterschiedlich, zum Beispiel wenn es um Schamgrenzen und Essensgewohnheiten geht.“



Sozialministerin Altpeter verwies darauf, dass man bereits Schritte unternommen habe, um mehr Menschen mit Migrationshintergrund für einen Beruf in der Pflege zu gewinnen – mit der Imagekampagne für Pflegeberufe „Vom Fach für Menschen“ und einem Projekt, bei dem Migranten von Landsleuten gezielt auf die Ausbildung in der Altenpflege angesprochen und während einer Ausbildung begleitet werden.



Zugänglichkeit von Versorgungs- und Leistungsangeboten erleichtern

Migrantinnen und Migranten haben eigener Auskunft zufolge oftmals Schwierigkeiten, sich in dem für sie fremden kulturellen und sozialen Gesundheits- und Pflegesystem zurechtzufinden. Ministerin Öney wandte sich deshalb an die Anbieter von Pflegedienstleistungen und Pflegekassen, Informationsmaterial in mehreren Sprachen bereitzustellen und diese gezielt zu bewerben. Laut der Heidelberger Studie bieten bislang gerade 13 Prozent der ambulanten Dienste und 4 Prozent der stationären Einrichtungen in Baden-Württemberg fremdsprachiges Informationsmaterial an.



Um Menschen mit Migrationshintergrund gezielt über das deutsche Pflegesystem und Angebote vor Ort zu informieren, setzen die beiden Ministerinnern zudem auf das Engagement von Migrantenverbänden und gesellschaftlichen, kulturellen und religiösen Einrichtungen, die regelmäßig von Migrantinnen und Migranten besucht werden.





Ergänzende Informationen:

Mit der Studie der Universität Heidelberg zur Versorgungssituation älterer Menschen mit Migrationshintergrund in der Pflege liegen erstmals für Baden-Württemberg belastbare Daten über diese Personengruppe vor. Die Studie zeigt, dass die Pflege von Menschen mit Migrationshintergrund längst normaler Teil des Versorgungsalltags in Baden-Württemberg ist. Demnach haben rund 11 Prozent aller in einem Heim oder durch einen ambulanten Dienst gepflegten Menschen in Baden-Württemberg einen Migrationshintergrund.



Laut Statistischem Landesamt wurden 2011 in Baden-Württemberg 145.587 pflegebedürftige Personen im Land in einer stationären Einrichtung oder durch einen ambulanten Dienst versorgt. Geht man davon aus, dass ca. 11 Prozent dieser Personengruppe einen Migrationshintergrund hat, nehmen ca. 16.000 Menschen mit Migrationshintergrund in Baden-Württemberg professionelle Pflegeangebote in Anspruch. Nach einer Modellrechnung des Statischen Landesamtes könnte die Zahl der in einem Pflegeheim oder durch einen ambulanten Dienst insgesamt versorgten Menschen auf 212.000 Menschen im Jahr 2030 ansteigen, das entspräche einem Zuwachs von über 44 Prozent.



Über 80 Prozent der für die Studie befragten ambulanten Dienste und über 76 Prozent der stationären Einrichtungen gaben an, Menschen mit Migrationshintergrund zu betreuen. Lediglich die Hälfte der befragten Einrichtungen gab jedoch an, interkulturelle Gesichtspunkte in ihren aktuellen Pflege- und Betreuungskonzepten berücksichtigt zu haben. Und lediglich ein Fünftel der Einrichtungen bietet ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bereits Fortbildungen zur Erhöhung der interkulturellen Kompetenz an.



Je nach Herkunftsland zeigen sich zudem „Präferenzen“ bei der Wahl der Einrichtungsart. Türkischstämmige stellen mit 23 Prozent die größte Gruppe der in Baden-Württemberg lebenden Menschen mit Migrationshintergrund (Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2009), stellen aber nur 11 Prozent der in Einrichtungen der Altenpflege Versorgten mit Migrationshintergrund. Migrantinnen und Migranten aus Russland, die mit Personen aus der Ukraine 5 Prozent der Bevölkerung mit Migrationshintergrund ausmachen, bilden in den Einrichtungen der Altenpflege die größte Gruppe (16,9 Prozent) der pflegerisch Versorgten mit Migrationshintergrund.



Kontrovers diskutiert wird von Fachleuten die Frage, ob Menschen mit Migrationshintergrund im Alter kränker sind als Menschen ohne Migrationshintergrund.





Sozialministerin Katrin Altpeter und Integrationsministerin Bilkay Öney haben am Donnerstag (27. November) auf einer Veranstaltung in Mannheim mit 1.000 Fachleuten, Betroffenen und Angehörigen diskutiert, wie die Pflegelandschaft in Baden-Württemberg auf die steigende Zahl älterer Menschen mit Migrationshintergrund im Pflegesystem vorbereitet werden kann. Eine von Ministerin Altpeter in Auftrag gegebene Studie zeigt, dass die Versorgungsstrukturen noch nicht ausreichend auf die besonderen Bedürfnisse von pflegedürftigen Menschen mit Migrationshintergrund ausgerichtet sind und dass viele Betroffene und ihre Angehörigen sich im deutschen Pflegesystem nur schwer zurechtfinden. „Gerade im Alter spielen kulturelle Gepflogenheiten und religiöse Werte für viele Menschen eine große Rolle. Deshalb ist es wichtig, mit allen Beteiligten darauf hinzuwirken, dass sich unser Pflegesystem auf den zunehmenden Bedarf an kultursensibler Pflege einstellt“, so die beiden Ministerinnen. Das riesige Interesse an der Veranstaltung mache deutlich, wie groß der Informationsbedarf auf Seiten der Anbieter und auf Seiten der Betroffenen sei.



Kultursensible Pflege – Herausforderung für Heime und ambulante Dienste

In den nächsten Jahren wird die Zahl älterer Menschen mit Migrationshintergrund, die auf professionelle Pflege und Unterstützung angewiesen sind, in Baden-Württemberg steigen. Gründe dafür sind der demografische Wandel sowie veränderte Familienstrukturen und die zunehmende Erwerbstätigkeit von Frauen, die Ältere bislang häufig zuhause gepflegt haben. Sozialministerin Altpeter sieht die Pflegeheime und ambulanten Dienste im Land gefordert, Konzepte zu entwickeln und umzusetzen, um ihre medizinischen und pflegerischen Angebote auf den spezifischen Bedarf dieser älteren pflegebedürftigen Migrantinnen und Migranten auszurichten. Die Überzeugung, dass jeder Mensch die Pflege und Unterstützung erhalten soll, die seinen persönlichen Bedürfnissen entspricht, sei auch fester Bestandteile des neuen Heimrechts für Baden-Württemberg. In ihm werde die Achtung und die Anerkennung  kulturbedingter Eigenheiten, religiöser und weltanschaulicher Werte sowie deren Integration in den Lebensalltag festgeschrieben.



Altpeter: „Pflegeheime und ambulante Dienste müssen ihr Pflegepersonal für das Thema sensibilisieren und Hilfestellungen für kultursensible Pflege im Alltag geben.“ Möglich sei dies zum Beispiel durch entsprechende Fort- und Weiterbildungen. Zudem sprach sich die Ministerin dafür aus, kultursensible Pflege bereits in die theoretische und praktische Ausbildung von Pflegekräften zu integrieren.



Mehr Menschen mit Migrationshintergrund für Pflegeberufe gewinnen

Ministerin Öney betonte, dass Migrantinnen und Migranten zunehmend in das Rentenalter kommen und auch pflegebedürftig werden. Zudem würden auch bei ihnen die familiären Netzwerke kleiner. Die Ministerin warb deshalb bei den Pflegeanbietern darum, künftig vermehrt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Migrationshintergrund bzw. mit besonderen Sprach- und Kulturkompetenzen einzusetzen. Öney: „Diese Beschäftigten können mithelfen, Unsicherheiten und Hemmnisse abzubauen. Kulturelle und religiöse Prägungen sind bei Pflegebedürftigen ganz unterschiedlich, zum Beispiel wenn es um Schamgrenzen und Essensgewohnheiten geht.“



Sozialministerin Altpeter verwies darauf, dass man bereits Schritte unternommen habe, um mehr Menschen mit Migrationshintergrund für einen Beruf in der Pflege zu gewinnen – mit der Imagekampagne für Pflegeberufe „Vom Fach für Menschen“ und einem Projekt, bei dem Migranten von Landsleuten gezielt auf die Ausbildung in der Altenpflege angesprochen und während einer Ausbildung begleitet werden.



Zugänglichkeit von Versorgungs- und Leistungsangeboten erleichtern

Migrantinnen und Migranten haben eigener Auskunft zufolge oftmals Schwierigkeiten, sich in dem für sie fremden kulturellen und sozialen Gesundheits- und Pflegesystem zurechtzufinden. Ministerin Öney wandte sich deshalb an die Anbieter von Pflegedienstleistungen und Pflegekassen, Informationsmaterial in mehreren Sprachen bereitzustellen und diese gezielt zu bewerben. Laut der Heidelberger Studie bieten bislang gerade 13 Prozent der ambulanten Dienste und 4 Prozent der stationären Einrichtungen in Baden-Württemberg fremdsprachiges Informationsmaterial an.



Um Menschen mit Migrationshintergrund gezielt über das deutsche Pflegesystem und Angebote vor Ort zu informieren, setzen die beiden Ministerinnern zudem auf das Engagement von Migrantenverbänden und gesellschaftlichen, kulturellen und religiösen Einrichtungen, die regelmäßig von Migrantinnen und Migranten besucht werden.





Ergänzende Informationen:

Mit der Studie der Universität Heidelberg zur Versorgungssituation älterer Menschen mit Migrationshintergrund in der Pflege liegen erstmals für Baden-Württemberg belastbare Daten über diese Personengruppe vor. Die Studie zeigt, dass die Pflege von Menschen mit Migrationshintergrund längst normaler Teil des Versorgungsalltags in Baden-Württemberg ist. Demnach haben rund 11 Prozent aller in einem Heim oder durch einen ambulanten Dienst gepflegten Menschen in Baden-Württemberg einen Migrationshintergrund.



Laut Statistischem Landesamt wurden 2011 in Baden-Württemberg 145.587 pflegebedürftige Personen im Land in einer stationären Einrichtung oder durch einen ambulanten Dienst versorgt. Geht man davon aus, dass ca. 11 Prozent dieser Personengruppe einen Migrationshintergrund hat, nehmen ca. 16.000 Menschen mit Migrationshintergrund in Baden-Württemberg professionelle Pflegeangebote in Anspruch. Nach einer Modellrechnung des Statischen Landesamtes könnte die Zahl der in einem Pflegeheim oder durch einen ambulanten Dienst insgesamt versorgten Menschen auf 212.000 Menschen im Jahr 2030 ansteigen, das entspräche einem Zuwachs von über 44 Prozent.



Über 80 Prozent der für die Studie befragten ambulanten Dienste und über 76 Prozent der stationären Einrichtungen gaben an, Menschen mit Migrationshintergrund zu betreuen. Lediglich die Hälfte der befragten Einrichtungen gab jedoch an, interkulturelle Gesichtspunkte in ihren aktuellen Pflege- und Betreuungskonzepten berücksichtigt zu haben. Und lediglich ein Fünftel der Einrichtungen bietet ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bereits Fortbildungen zur Erhöhung der interkulturellen Kompetenz an.



Je nach Herkunftsland zeigen sich zudem „Präferenzen“ bei der Wahl der Einrichtungsart. Türkischstämmige stellen mit 23 Prozent die größte Gruppe der in Baden-Württemberg lebenden Menschen mit Migrationshintergrund (Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2009), stellen aber nur 11 Prozent der in Einrichtungen der Altenpflege Versorgten mit Migrationshintergrund. Migrantinnen und Migranten aus Russland, die mit Personen aus der Ukraine 5 Prozent der Bevölkerung mit Migrationshintergrund ausmachen, bilden in den Einrichtungen der Altenpflege die größte Gruppe (16,9 Prozent) der pflegerisch Versorgten mit Migrationshintergrund.



Kontrovers diskutiert wird von Fachleuten die Frage, ob Menschen mit Migrationshintergrund im Alter kränker sind als Menschen ohne Migrationshintergrund.